Wintersonnenwende und Rauhnächte

Samhain

Samhain, das keltische Fest am 31. Oktober, haben wir gerade hinter uns gelassen. Es markiert das Ende des Sommers und den Beginn der dunklen Jahreshälfte. Für die alten Kelten war es das bedeutendste der vier Jahreskreisfeste – eine Zeit, in der sich die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Anderswelt öffnet. Die Toten können die Lebenden besuchen, Geister wandeln durch die Nacht, und die Sídhe, die Feenhügel Irlands, geben ihre Geheimnisse preis.

Wintersonnenwende

Viele Kulturen feiern die Wintersonnenwende als den Sieg des Lichts über die Dunkelheit. Denn am 21. Dezember ist auf der Nordhalbkugel die längste Nacht des Jahres. Sie markiert einen Wendepunkt und Neubeginn, da ab jetzt die Tage wieder länger werden.

Die Rauhnächte und die Wilde Jagd

Die Rauhnächte liegen noch vor uns. Zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar galten diese zwölf Nächte als außerhalb der Zeit stehend. Gewissermaßen als eine Lücke zwischen Mond- und Sonnenjahr, in der die Türen zur geistigen Welt weit offenstehen. Denn ein Mondjahr umfasst nur 354 Tage. Um mit dem Sonnenjahr in Übereinstimmung zu bleiben, werden elf fehlende Tage bzw. zwölf Nächte eingeschoben. Jede der zwölf Nächte steht symbolisch für einen Monat des kommenden Jahres und sie werden als eine Zeit für Reflexion, Wünsche und Neuanfänge gesehen.

Die Ethymologie ist umstritten. Unter „Rauchware“ verstand man früher Pelze. So glauben einige Forscher, der Name Rauhnacht würde sich auf mit Fell bekleidete Dämonen beziehen, die in diesen Nächten ihr Unwesen treiben. Dazu passt auch die Wilde Jagd.

Die Wilde Jagd

Die Wilde Jagd ist in den Volkssagen eine Gruppe übernatürlicher Jäger. Regional hat sie unterschiedliche Ausprägungen. Mal ist es Odins Jagd und die Fahrt zum Göttersitz Asgard, in anderen Regionen führt auch Frau Holle oder die Göttin Percht die Jagd an. Der Geisterzug zieht mit Rasseln, unter Schreien, Johlen, Heulen, Jammern, Ächzen und Stöhnen durch die Lüfte.

Und wie hängt das zusammen?

Zu Samhain öffnet sich die Tür zum Jenseits, anschließend sammelt die Wilde Jagd die Seelen der Verstorbenen, um sie in die Anderswelt zu bringen. Samhain läutet also die Zeit ein, in der die Schleier dünner werden und die Toten ihren Weg in die andere Welt antreten. Die Wilde Jagd treibt sie durch die Nächte, bis die Seelen ihren Platz in der Anderswelt gefunden haben und die Welt langsam zur Ruhe kommt. Doch mit der Wintersonnenwende und den Rauhnächten verschiebt sich der Fokus: von Abschied und Loslassen hin zu Neubeginn.

Die zwölf Nächte „außerhalb der Zeit“ laden dazu ein, über das vergangene Jahr nachzudenken: Welche alten Geschichten sollen enden, welche neuen dürfen beginnen? Viele Bräuche drehen sich darum, in Träumen, Zeichen oder Ritualen Hinweise auf das kommende Jahr zu empfangen. Was in den dunklen Nächten geboren wird – ein Entschluss, ein Wunsch, eine Vision – begleitet einen durch die nächsten zwölf Monate.

So spannen Samhain, Wintersonnenwende und Rauhnächte gemeinsam einen Bogen: Vom Abschied der Toten über den tiefsten Punkt der Dunkelheit hin zu den ersten Funken neuen Lichts. Wer sich auf diese Zeit bewusst einlässt, bewegt sich nicht nur durch die Jahreszeiten, sondern auch durch die eigenen inneren Landschaften von den Schattenseiten des Lebens und der eigenen Vergangenheit hin zu dem, was im neuen Jahr wachsen darf.

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